Gold-Nachfrage Q3 2025: Warum 1.313 Tonnen den Markt auf den Kopf stellen

Viele Anleger, die im Oktober die volatile Seitwärtsbewegung des Goldpreises beobachteten, sahen darin ein Zeichen der Erschöpfung. Die Rallye schien vorbei, die Konsolidierung begann. Doch wer nur auf den Chart blickt, verpasst oft die fundamentalen Bewegungen, die sich unter der Oberfläche abspielen. Der nun veröffentlichte Quartalsbericht des World Gold Council (WGC) für das dritte Quartal 2025 liefert den Beweis: Das physische Fundament des Goldmarktes ist stärker als je zuvor und baut eine immense Spannung auf.

 

Die Zahl, die in die Irre führt: 1.313 Tonnen

Auf den ersten Blick meldet der Bericht eine globale Goldnachfrage von 1.313 Tonnen. Das ist ein Anstieg von lediglich einem Prozent im Vergleich zum bereits extrem starken Vorjahresquartal (Q3 2024). Man könnte dies als Stagnation abtun, als ein Zeichen dafür, dass der Appetit auf Gold auf hohem Niveau nachlässt. Doch diese Interpretation wäre ein fundamentaler Fehler und würde die eigentliche Dynamik des Marktes komplett verkennen.

Die wahre Geschichte verbirgt sich nicht in der Tonnage, sondern im Wert. Das WGC stellt klar: Aufgrund des im Jahresvergleich massiv gestiegenen Goldpreises mussten die Käufer für dieses fast identische Volumen satte 41 Prozent mehr Kapital (gemessen in US-Dollar) aufwenden als im Vorjahr.

Diese Diskrepanz ist das entscheidende Signal des gesamten Berichts. Sie beweist eindrücklich, dass der Markt die höheren Preise voll akzeptiert und verdaut hat. Die oft beschworene Sorge, eine Preiserhöhung würde die Nachfrage, insbesondere in preissensiblen Regionen, abwürgen, ist widerlegt. Das physische Gold wird auf dem neuen, hohen Niveau problemlos vom Markt absorbiert. Es ist kein spekulativer, sondern ein strategischer Kauf.

 

Die Pfeiler der Nachfrage: Wer kauft das ganze Gold?

Die Stärke des Marktes basiert auf einem breiten Fundament, das jedoch klar von den institutionellen und strategischen Akteuren angeführt wird.

Die strategische Säule: Zentralbanken

Wieder einmal sind es die Zentralbanken, die als dominante Käufergruppe den Markt stützen. Mit Nettozukäufen von 634 Tonnen in den ersten neun Monaten des Jahres 2025 setzen sie ihren Kauftrend ungemindert fort.

Zwar wird der absolute Rekordwert aus 2024 (damals 724 Tonnen im gleichen Zeitraum) voraussichtlich knapp verfehlt, doch das Signal ist eindeutig: Die strategische Diversifizierung weg vom US-Dollar und hin zu einem neutralen, unpolitischen Wertanker ist in vollem Gange. Die Zentralbanken agieren nicht als Spekulanten, sondern als langfristige Absicherer ihrer nationalen Währungsreserven in einer zunehmend multipolaren Welt. Dieser Trend ist kein kurzfristiges Phänomen, sondern eine strukturelle Verschiebung, die seit mehreren Jahren anhält und den Markt stützt.

Die private Säule: Investment und Schmuck

Auch private Akteure bleiben dem Gold treu. Die Nachfrage war hier ebenfalls robust und teilte sich in zwei Bereiche:

 

  • Investment (Barren & Münzen): Anleger in westlichen Nationen suchen weiterhin den physischen Inflationsschutz und die Absicherung gegen systemische Risiken. Die Nachfrage nach physischen Produkten bleibt ein stabiler Faktor.

 

  • Schmuck: Besonders beachtlich ist die Stabilität im globalen Schmucksektor. Dieser Sektor gilt traditionell als extrem preissensibel, besonders in den bevölkerungsreichen Märkten Asiens wie Indien und China. Dass die Nachfrage hier trotz der hohen Preise nicht signifikant nachgibt, zeigt ein tiefes kulturelles Vertrauen in den langfristigen Werterhalt des Metalls. Es wird nicht nur als Zierde, sondern als Sparform und Wertspeicher gekauft.

 

Die Angebots-Anomalie: Das Phänomen der „starken Hände“

Einen der faszinierendsten Einblicke in die aktuelle Marktpsychologie bietet jedoch die Angebotsseite. Das WGC meldet, dass das Recycling-Angebot, also eingeschmolzenes Altgold, um ein Prozent auf 344 Tonnen gesunken ist.

Dies ist eine klare Anomalie und widerspricht der gängigen Marktlogik. Normalerweise führt ein stark gestiegener Goldpreis dazu, dass mehr Menschen alten Schmuck, Münzen oder Zahngold verkaufen, um die hohen Gewinne mitzunehmen. Das Angebot steigt und wirkt wie eine natürliche Bremse auf den Preis. Dies war beispielsweise 2013 der Fall, als der Preisverfall massive Verkäufe auslöste.

Dass derzeit das Gegenteil passiert, ist ein extrem starkes Signal an den Markt. Das WGC deutet dies als klare „Holder-Mentalität“: Private Besitzer, oft als die „starken Hände“ im Markt bezeichnet, erwarten offenbar noch höhere Preise in der Zukunft. Sie sind nicht bereit, ihr physisches Gold auf dem aktuellen, bereits hohen Niveau abzugeben. Diese Angebotszurückhaltung (Scrap-Zurückhaltung) ist ein entscheidender Unterschied zu früheren Zyklen. Sie verknappt das verfügbare Angebot künstlich.

 

Ein Fundament aus Gold

Die Daten des WGC für das Q3 2025 senden ein unmissverständliches Signal. Wir sehen eine wertmäßig rekordhohe Nachfrage, die von unnachgiebigen strategischen Käufern wie den Notenbanken angeführt wird. Gleichzeitig trifft diese massive Nachfrage auf ein stagnierendes Sekundär-Angebot, weil private Halter ihre Bestände nicht verkaufen wollen.

Dieser Mechanismus baut eine enorme Spannung im physischen Markt auf. Während kurzfristige Händler über den nächsten Zinsschritt der Fed spekulieren, beweisen die physischen Daten: Der Goldmarkt ist fundamental gesund und baut eine extrem starke Basis auf. Die Konsolidierung des Preises ist angesichts dieser Datenlage eher ein Zeichen von Stärke als von Schwäche, da sich der Markt für die nächste Bewertungsstufe bereit macht.